Auf den Kahlen Asten – 6.Mai 2020
Noch immer sind keine Touren mit Übernachtung möglich. Aber ich brauchte ein Abenteuer. Da fiel mir ein: Ich war doch vor knapp 12 Jahren, im Sommer 2008, auf dem Ruhr-Radweg. Der startet in Winterberg. Da bin ich damals mit dem Fahrrad hingefahren – das müsste ich doch jetzt auch nochmal schaffen. Ab Winterberg fährt ein Zug nach Dortmund, von da komm ich über Lüdenscheid nach Hause. Nachgesehen: Ja, der Zug fährt auch zu Corona-Zeiten, Sonntags das letzte Mal um halb fünf, wochentags auch noch um halb sieben. Das müsste doch gehen!
Also gut. Für Mittwoch ist herrliches Wetter vorhergesagt, ich hab keine Termine, die Strecke kenn ich – dann los!
Der Himmel war wie erwartet wolkenlos am Mittwochmorgen, aber er war auch die ganze Nacht wolkenlos gewesen. So hatten Boden und Luft schön auskühlen können – Bodenfrost am Morgen! Ich hab mich halt warm angezogen und eine Extra-Packtasche für die Klamotten mitgenommen. Um viertel nach acht ging es los, wieder über Meinerzhagen (auf halber Strecke konnte ich schon eine Jacke ausziehen), dann aber auf der Landstraße runter bis Finnentrop. Die Straße ist arg befahren, viele Lastwagen sind unterwegs, das macht die Fahrerei etwas stressig. Die letzten Kilometer hab ich dann doch den ausgeschilderten Radweg genommen. Der ist ruhig und abgeschieden, aber es geht viel langsamer wegen scharfer Kurven und plötzlicher Steigungen. Aber ich will die Fahrt ja genießen.
In Finnentrop an der Lenne angekommen (es war gegen elf Uhr), hab ich mich dann in Ruhe umgezogen, nur die kurze Hose und ein T-Shirt blieben übrig.
Die Lenne entspringt oben am Kahlen Asten, also muss ich jetzt nur noch am Fluss entlang bis zur Quelle fahren. Das ist zunächst mal auch sehr angenehm. Bis Altenhundem ist aber sehr viel LKW-Verkehr, mit dem man sich die Fahrbahn teilen muss. Gerade LKW-Fahrer sind zwar sehr rücksichtsvoll, aber mir macht so ein Lastzug im Nacken doch immer etwas Druck. Ab Altenhundem wurde es dann etwas besser mit dem Verkehr. Aber ich fahr doch die Lenne aufwärts – warum dann trotzdem immer deutlich über 20 km/h? Bin ich so gut in Form? Vielleicht, aber ich hatte auch Rückenwind.
So kam ich gegen 13 Uhr in Schmallenberg an, da gab es eine ordentliche Mittagsrast (aus der Packtasche).
Hinter Schmallenberg geht es dann wirklich bergauf. Zunächst immer wieder auch mal kurz bergab, aber ab Oberkirchen, nachdem ich dort auf die „Nebenstrecke“ eingebogen war, macht der Berg ernst. Die Strecke war schön ruhig, ich fuhr im strahlenden Sonnenschein. Eigentlich ist es nicht steiler als der Weg auf den Unnenberg, aber eben deutlich länger. Sind ja auch 400 Höhenmeter.
Aber um viertel vor drei war ich in Altastenberg. Unterwegs hatte ich schon den Plan gefasst: Bevor ich runter in die Mulde nach Winterberg fahre, will ich auf jeden Fall auf den Gipfel des Kahlen Asten. Höher geht es mit dem Fahrrad in NRW nicht – warum sollte ich mir das entgehen lassen? Es war auch nicht mehr weit, nur noch etliche Höhenmeter. Aber kurz nach drei Uhr war ich am Turm. Natürlich alles geschlossen, bis auf die herrliche Aussicht.
Ich hatte noch Proviant und konnte ausführlich rasten. Dabei hab ich den Entschluss gefasst: Von Winterberg aus bin ich 4 Stunden mit dem Zug unterwegs nach Gummersbach, vom Altenhundem aus sind es weniger als drei Stunden. Warum sollte ich mit Mühe bergauf fahren, wenn ich nicht auch mit Genuss wieder bergab fahre? Also: Nicht nach Winterberg, sondern zurück nach Altenhundem!
Es ging wirklich rasend schnell bis Oberkirchen. Aber nach den ersten Metern musste ich erstmal anhalten und mir die Jacke anziehen. Bei über 50 km/h ist der Fahrtwind dort oben saukalt. Ab Schmallenberg merkte ich, dass es zwar stetig bergab ging, aber der Wind wehte mir immer wieder ins Gesicht. Ich musste ordentlich trampeln, um in der Gegend von 30 km/h zu bleiben.
In Altenhundem war der Bahnhof schnell gefunden, die Lenntalbahn nahm das Fahrrad und mich mit nach Hagen, von dort kam ich dann über Lüdenscheid nach Hause.
Natürlich konnte ich mir nicht verkneifen, die jetzige Tour mit der „alten“ von 2008 zu vergleichen. Passt nicht überall, weil ich mich damals mehrfach verfahren hatte, aber so in etwa:
Bis Finnentrop:
2008: 49,79 km, Schnitt von 20,57 km/h
2020: 49,17 km, Schnitt von 19,8 km/h (vielleicht wegen des Radwegs)
Bis Schmallenberg:
2008: 84,42 km, Schnitt von 19,66 km/h
2020: 80,90 km, Schnitt von 20,14 km/h (Rückenwind)
Bis oben:
2008: 119,06 km, Schnitt von 17,67 km/h
2020: 102 km, Schnitt von 18,32 km/h
(2008 war ich ein ganzes Stück falsch auf dem Bahndamm nach Fredeburg gefahren, ich hatte einen andere Strecke nach oben – durch das Sorpetal – und ich war nicht auf dem Gipfel, sondern zur Jugendherberge in Neuastenberg)
Die Rückfahrt bergab hat dieses Mal den Gesamtschnitt wieder angehoben:
142,4 km in 7h 01′ entspricht 20,27 km/h
Wenn ich mich auch nicht gesteigert habe, so bin ich doch wenigstens nicht schlechter in Form als vor 12 Jahren!
Erstaunlich, wie wenig du an Fitness und an Freude eingebüßt hat. Ich merke, dass ich Leistungen von vor einigen Jahren nicht mehr schaffe .
[…] Die Strecken sind natürlich nicht identisch gewesen: Diesmal war ich nicht oben in Winterberg (da war ich ja schon im Mai), dafür aber am dritten Tag quer durchs Bergische mit vielen Höhenmetern. Doch es scheint, dass […]