Am Meer angekommen – 3.8.2019
Samstag, 3.8.2019
Jetzt aber zum Meer!
An der Rhone bei Avignon liegen eine ganze Reihe Schiffe, die als Ferienwohnung genutzt werden.
Um zwölf eine kurze Rast in der Brasserie du Canal in Beaucaire.
Es war sehr schön bis hierhin. Von der Vegation her ist es jetzt richtig mediterran, Anis am Wegrand, Feigenbäume, Agaven. Théziers auf der Anhöhe hab ich nicht besucht, aber in Montfrin fuhr ich plötzlich zwischen Gittern.
Ein Gässchen ohne Stiere in Montfrin
Die Stiere, die durch den Ort laufen sollten, waren zum Glück noch nicht da, so konnte ich unbehelligt wieder raus aus dem „Käfig“ und auf einem wunderschönen Bahntrassen-Radweg bis Beaucaire.
Croix Couverte aus dem 14. Jahrhundert bei Beaucaire
In Fourques, kurz vor Arles, steht an der Straße ein Gedenkstein für Menschen, die Widerstandskämpfern und Verfolgten geholfen haben.
Übersetzung des Textes auf der Tafel:
Mauer der Gerechten Josephine und Charles BAUD und ihr Sohn Gaston waren katholische Bauern, die in Fourques im Quartier de la Fabrique wohnten. 1930 freundeten sie sich mit der jüdischen Familie. GALLER an, die ihre Ferien im Süden verbrachte. Als Luxemburg, wo die Familie GALLER lebte, im Mai 1940 von den Deutschen besetzt wurde, entschied Herr GALLER, nach Spanien zu fliehen und bat die Familie BAUD, seinen Sohn Henri aufzunehmen, bis er die Ausreisegenehmigung hatte. Ein Jahr später konnte die ganze Familie Frankreich verlassen und in die USA gelangen. Im Herbst 1942 brachte die Untergrund-Organisation UJRE (Vereinigung der Juden für Widerstand und gegenseitige Hilfe) den fünfjährigen Albert Feldman bei den Bauds unter, um ihn vor der Deportation in die Vernichtungslager zu retten. Die deutschen Truppen hatten die südlichn Zone besetzt und in Marseille, wo er wohnte, hatten die Razzien gegen die jüdische Bevölkerung begonnen. Sie gaben ihm den Namen Albert Flamand, schreiben ihn an der örtlichen Schule ein und besorgten Lebensmittelkarten. Dabei nahmen sie wie der Lehrer, Herr Bonner, ein großes Risiko in Kauf, denn ein Teil der (deutschen) Kommandantur war in einem Haus in der Nachbarschaft untergebracht. Die deutschen Soldaten, die die alte Brücke bewachten, kam in Josephines Küche, um sich zu bedienen, und sprachen zur großen Beunruhigung seiner Retter mehrfach den kleinen Jungen an. Nach der Befreiung wollten die Bauds Albert adoptieren, weil sie keine Nachricht von seiner Familie hatten. Die Eltern, deren Familie zum Teil nicht aus den Todeslagern zurückkam, fanden ihren Sohn erst 1945 nach drei Jahren der Trennung wieder. Gaston, der einen Pilotenschein hatte, war Mitglied im Aeroclub von Arles, dessen Vorsitzender der Doktor Joseph Imbert war - als Bürgermeister von Arles 1940 vom Vichy-Regime abgesetzt - ging zur Résistance und knüpfte das Netzwerk Libération; verhaftet im März 1943, deportiert, starb er am 8. Januar 1945 im Lager Mauthausen. Sein Schwager, der Doktor Beraud, entkam der Gestapo, indem er sich auf den Dachboden im Haus der Bauds flüchtete, bevor er wegen seiner Tätigkeit für die Résistance gefasst werden konnte. Mehrere von den Deutschen abgeschossene englische Piloten entkamen auch über diesen Dachboden. Am 12. März 2005 fand in Fourques ein bewegendes Treffen von Albert mit seinen ehemaligen Mitschülern statt. Am 8.Mai 2013 wurde in Anwesenheit von Herrn Bousiges, Präfekt von Gard, Frau Dumas, Abgeordnete, Herrn Martinez, Conseiller géneral, Frau Peri-Pronstein, israelische Konsulin, Herrn Yancu, Delegierter von Yad Vashem, Frau Martinez, Direktorin der ONAC (Organisationen der Veteranen und Kriegsopfer), des Bürgermeisters, des Stadtrats unter großer Anteilnahme der Bevölkerung die Allee Josephine, Charles und Gaston BAUD eingeweiht. Ihnen wurde der Titel Gerechte am 14. August 1978 durch Yad Vashem verliehen. Sie sind eine Ehre für das Dorf, denn sie verkörperten unter Einsatz ihres Lebens den Geist des Widerstands, des Mutes und der Brüderlichkeit.
Nach Arles rein ging es auf einer schönen Brücke über die Petite Rhone.
Ich hab mir eine Stadtbesichtigung für den Rückweg aufgespart und nur – wörtlich en passant – die Brücke, die schon van Gogh gemalt hatte, besucht.
Dann ging es aber definitiv ans Meer!
Es waren noch gut vierzig Kilometer auf einer fast schnurgeraden Straße Richtung Süden, nur unterbrochen von der Ortsdurchfahrt durch Port-Saint-Louis, bis ich um sechs Uhr nach 1980 km am Strand des Mittelmeers angekommen war.
Der Plage Napoleon ist nicht unbedingt ein lauschiges Plätzchen, die Leute fahren da mit dem Auto auf den Strand, aber ich hab das mit dem Fahrrad ja auch gemacht – für das Foto.
Leider gibt’s dort keine Übernachtungsmöglichkeiten, so dass ich noch einmal vierzehn Kilometer zurück gefahren bin, um mit der Fähre nach Saline-de-Griaud zu fahren, wo es einen Zeltplatz gibt.
In Port-Saint-Louis
Die Rhone ist dort wirklich breit
Beim Warten auf die Fähre: Libellen am Anis
Auf der Fähre
Gute Nacht!