Anstrengende Hitze und am Ende ein kostenloser Zeltplatz – 9.8.2019
Freitag, 9.8.2019
Elf Uhr, Kaffeepause in Montauban. Eigentlich wollte ich geradeaus am Kanal weiterfahren, aber vom Zeltplatz aus bin ich versehentlich auf den Stichkanal hierher geraten. Hab ich erst gemerkt, als ich hier war. Hat sich aber gelohnt, Montauban ist ein schönes Städtchen. Und wie weit ich heute Richtung Atlantik komme, ist weniger wichtig.
Entspanntes Fahren am Morgen – ungeplant nach Montauban
Montauban
Drei Uhr, auftanken in Valence d’Agen. Durch den automatischen Betrieb der Schleusen gibt es dort auch keine Cafés mehr. Eine Ausnahme ist diese Schleuse, hier hat eine Kollektiv eine alternative Buvette eingerichtet. Richtig nett, man zahlt, was man möchte.
Natürlich gab es viel zu sehen bis hierher. Die Landschaft ist nicht ganz so abwechslungsreich wie am Canal du Midi, aber es gibt immer wieder schöne Ausblicke und in den Orten auch eine Menge Sehenswürdigkeiten, die ich aber meist schwänze. Es ist nämlich heute sicher nicht kühler als gestern. Zum Glück ist der Weg am Kanal größtenteils schattig – hier sind die Platanen noch gesund.
Wasserturm heißt auf Französisch „Château d’Eau“, dieser hier in Castelsarassin hat den Namen verdient.
Wasserspiel in Castelsarassin
Vor Moissac wird der Kanal auf einer imposanten Brücke über den Tarn geführt. Damit die Radler langsam fahren, ist der Weg mit groben Kiesen gepflastert. Mir war das zu unheimlich, zur Schonung des Rads und der Nerven hab ich rüber geschoben. Wenn man einmal in den Kanal fällt, ist das Rad und das Gepäck unwiederbringlich verloren.
Moissac selber ist schon wieder ein ausnehmend hübsches Städtchen, ich hab mir erlaubt, statt der üblichen Sehenswürdigkeiten eine Gedenktafel und ein paar nette Dächer zu fotografieren.
Das Haus der jüdischen Kinder Während des zweiten Weltkriegs hat Moissac einem Haus für jüdische Kinder, das von den "Eclaireurs Israelites de France" geleitet wurde, Schutz geboten. Ein Haus jüdischer Pfadfinder mitten im Krieg Im Dezember 1939 beherbergt Moissac eines des sechs Häuser, in denen die "Eclaireurs Israelites de France" Unterkunft fern vom Kriegsgeschehen fanden. Unter der Leitung von Shatta und Bouli Simon wird dieses Haus eine Insel der Fröhlichkeit mitten im Krieg. Zur örtlichen Schule gehen, die Regeln des Pfadfinderlebens beachten, singen und die jüdischen Feste feiern - das alles gibt den Kindern, von denen viele ihre Eltern verloren haben oder traumatisiert sind, das Gefühl in einer großen Familie zu leben. 1943 wird das Haus angesichts der Gefahr aufgelöst und alle gehen in den Untergrund. Dank des außerordentliches Einsatzes von Shatta und Bouli Simon, aber auch dank der Mithilfe oder der Verschwiegenheit der Bevölkerung, wird keines der Kinder verraten oder deportiert. Nach der Befreiung kommen alle zurück nach Moissac und leben bis 1951 in der Mühle.
Richtig breit wird die den Kanal begleitende Garonne beim Zusammenfluss mit dem Tarn.
Da können bei Hochwassern gewaltige Wassermassen unterwegs sein. 1930 hat es mal eine Eisenbahnbrücke weggerissen, da wurde der Zugverkehr provisorisch über die Kanalbrücke geführt.
Irgendwie hab ich im Laufe des Nachmittags gemerkt, dass die Hitze mir doch ganz ordentlich Kräfte genommen hat. So hab ich den nächsten Zeltplatz nach Agen (einer größeren Stadt, die mich aber vom Kanal-Radweg aus nicht beeindruckt hat) in Sérignac-sur-Garonne angepeilt. Ordentliche Wegweiser gab es nicht, aber eine Touristen-Information. Die freundliche Dame dort erklärte mir den Weg und sämtliche Details zum Platz – eine Rezeption gebe es nicht, der Platz ist kostenlos.
Der Himmel hatte sich inzwischen mehr und mehr zugezogen, es fielen schon die ersten Tropfen, aber ich hab das Zelt noch trocken aufgestellt. Ob es noch ernsthaft regnet, wird sich zeigen. Ich hab mir den netten kleinen Ort angesehen und das einzige Restaurant gefunden. Dort warte ich jetzt auf eine große Pizza.
Der alte Glockenturm und ein Haus aus dem 13. Jahrhundert
Wunderschön!