Jetzt wird es richtig schön

Jetzt wird es richtig schön

23. September 2022 4 Von gerhardjenders

Freitag, 23. September
Zum Sonnenaufgang war ich wach.

Blick aus dem Badezimmerfenster des Hotels


Die erste Etappe von Liège nach Huy erwies sich als kompliziert (wegen zahlreicher Baustellen und Umleitungen) und weniger attraktiv, weil es sehr viel durch Industriegelände ging. Immerhin gab es einen schönen Blick auf Liège


und auf eine Skulptur mit respektloser Taube.


Es gab auch ein Schloss auf einem Felsen bei Chokier – aber der Schein trügt: das Schloss ist verfallen, der Verkehrslärm ist nicht mit auf dem Bild.


Auch die Abtei von Flône ist von Lärm umgeben – und in der anderen Richtung grüßen die Kühltürme von Tihange.

Der Radweg führt direkt vorbei. Doppelter Stacheldraht und ein Schild, das laut Gesetz vom 19.12.2021 jegliches Fotografieren verbietet. Ich war froh, als ich endlich (über drei Stunden für 40 km) in Huy ankam.

Das Rathaus von Huy


Ab Huy sah die Welt dann ganz anders aus: Ein durchgehender Radweg direkt am Fluss, schöne Ausblicke. Der Weg ist sehr gut beschildert, an keiner Abzweigung musste ich suchen. (Nur einmal bin ich abgebogen: Eine Bäckerei duftete bis zum Radweg, da gab es ein Teilchen.) So kam ich schnell nach Namur.

Felsen am Fluss
Ein kleines Schloss zwischen den Felsen
Eine elegante Fabrik – wohl nicht mehr in Betrieb


Südlich von Namur wurde es noch schöner. Der Weg optimal gepflegt, wenig Verkehr an den Stellen, wo ich in die Nähe der Straßen kam. Die Häuser entlang des Wegs sind vielfach Villen mit riesigen Gärten – hier wohnen wohl Leute mit viel Geld. Das ist der Unterschied zur Region zwischen Liège und Huy: Dort ist viel Industrie, häufig Branchen, die obsolet geworden sind oder für die die Rohstoffe nicht mehr vor Ort sind. Wenn das Eisenerz oder die Kohle abgebaut sind, sind sie eben weg. Die wachsen nicht nach. Die Häuser dort sind Arbeitersiedlungen – wenn die Leute keine Arbeit mehr haben, kommt kein Geld rein – alles vergammelt. Dieser Strukturwandel ist schwer, aber es muss doch möglich sein, das sozial verträglich hinzubekommen. So, genug gelabert. Zurück zur Tour:
Namur ist eine schöne Stadt, einen Ausflug wert. Ich hab nur den Festungsberg fotografiert.


Das Schloss von Dave:


Pittoreske Orte unter den Felsen


Ein Stück der Strecke war nicht renoviert. Das wurde mit einem netten Schild angekündigt.


Ein Ausflugsschiff wartet an der Schleuse


An der letzten Schleuse vor Dinant hab ich den Fluss überquert, um zum Zeltplatz zu kommen. Die Leute sind etwas merkwürdig, aber mein Zelt steht direkt am Fluss. Fotos vom Ort gibt es morgen. Es wird einfach zu früh dunkel! Aber eins hab ich schon erfahren: Aus Dinant kommt Monsieur Sax, der Erfinder des Saxophons.

Der Nachmittag hat mich für den etwas nervigen Vormittag mehr als entschädigt. Beim nächsten Mal würde ich versuchen, die Strecke zwischen Liège und Huy mit einem Ausflugsschiff auf dem Fluss zurück zu legen.

Nachtrag: Im Ort hatte ich ein Denkmal für die Opfer des 23. August 1914 gesehen, konnte damit aber nicht viel anfangen. Inzwischen hab ich nachgelesen: Deutsche Soldaten haben am 23. August 1914 in der Stadt ein Massaker verübt und 674 Zivilistinnen und Zivilisten ermordet sowie viele Häuser in Brand gesetzt (mehr dazu hier). Wie hatte Kaiser Wilhelm bei Kriegsbeginn formuliert: ‚Mitten im Frieden überfällt uns der Feind.“ Auch die Lage der Schlachtfelder hier in Frankreich macht klar wer wen überfallen hat.